Bleibt es bei der geringen Zahl von neu genehmigten Windenergieanlagen, könnte der Kohleausstieg in NRW gefährdet werden, befürchtet der Landesverband Erneuerbare Energien NRW.

Als „absolut ernüchternd“ bewertet der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) die Ergebnisse der jüngsten Ausschreibung für den weiteren Windkraftausbau an Land. Bei der Bundesnetzagentur waren für die Februar-Auktion nur Gebote im Umfang von gut 1.500 Megawatt eingereicht worden – das bei einem Ausschreibungsvolumen von immerhin 3.210 MW. Für Nordrhein-Westfalen gab es 40 Zuschläge mit einer Gesamtleistung von 387 MW.

Dass das Ausschreibungsvolumen von 3.210 MW nicht voll ausgeschöpft werden würde, stand schon vor Abgabe aller Gebote am 1. Februar fest: Die Summe aller genehmigten Projekte, die bis dahin noch ohne Zuschlag waren, umfasste nur rund 2.700 MW.

„Obgleich die Bundesnetzagentur kurz nach Weihnachten den Höchstwert für Gebote um 25 Prozent angehoben hat, ist auch diese Bieterrunde unerwartet stark unterzeichnet geblieben“, zeigt sich der LEE NRW-Vorsitzende Reiner Priggen besorgt: „Wenn Politik, Verwaltung und Gesellschaft es nicht in Bälde schafften, die Genehmigungsprozesse für neue Windenergieanlagen und alle Ausbaufesseln zu beseitigen, heißt das, dass Kohle- und Gaskraftwerke länger als geplant am Netz bleiben werden müssen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Von dieser Entwicklung wäre auch Nordrhein-Westfalen in dem von der Landesregierung angekündigten Umbau der Energieversorgung betroffen: „Und zwar massiv“.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die im aktuellen Jahr bezuschlagte Windenergieleistung die Basis des Brutto-Zubaus in zwei Jahren bildet. „Bleibt es bei dieser geringen Beteiligung an den noch ausstehenden drei Ausschreibungen in diesem Jahr, dürfte das Ziel der Landregierung, mindestens 1.000 zusätzliche Windenergieanlagen in dieser Legislaturperiode zu errichten, immer schwerer zu erreichen sein“, betont der LEE NRW-Vorsitzende.

Priggen erinnert an die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz von Anfang Februar, wonach täglich „vier bis fünf Windräder“ errichtet werden sollen, um die Energiewende- und Klimaschutzziele zu erreichen. „Die Ankündigung haben wir mit Wohlwollen vernommen. Der vom Bundeskanzler versprochenen Fahrplan für einen generalstabmäßigen Ausbau der Windenergie, ohne den die Klimaziele bis 2030 nicht zu schaffen ist, liegt bis heute auch in Ansätzen nicht vor.“

Dass mit den bislang geltenden Rahmenbedingungen das Ziel der Bundesregierung eines mindestens 80-prozentigen Ökostromanteils am Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 nicht zu schaffen ist, hat vor wenigen Tagen auch Jürgen Zeschky beklagt. Der Geschäftsführer der Enercon GmbH, hierzulande einer der führenden Produzenten von Windenergieanlagen, hatte in einem Interview dafür nicht nur die Verzögerungen beim Netzausbau verantwortlich gemacht: „Aus unserer Sicht sind […] die größten Hürden für einen beschleunigten Onshore-Ausbau langwierige Genehmigungsverfahren, Preissteigerungen aufgrund von externen Effekten sowie Zurückhaltung bei Investitionen wegen Inflationssorgen.“

Der LEE NRW setzt darauf – ganz im Sinne der Ankündigung von Kanzler Scholz, dass das Genehmigungsprozedere für neue Windenergieanlagen ganz schnell vereinfacht und überarbeitet wird. Bis zur letzten Februarwoche wurden nach Erkenntnissen der Fachagentur Windenergie an Land erst 74 neu genehmigte Windenergieanlagen mit 443 MW Leistung in diesem Jahr registriert. „Die Zeit für reine Ankündigungen ist vorbei. Was jetzt zählt, ist einzig und allein die konkrete Umsetzung. Ein Weiter-So kann es nicht mehr geben, weil uns die Zeit davonläuft. Das stärkt allein die Gegner der Energiewende“, so Priggen.